Eine Hilfestellung zur Antragstellung für Unternehmen
Der Bundestag hat am 13.03.2020 rückwirkend auf den 01.03.2020 beschlossen, den Zugang zum Kurzarbeitergeld für Unternehmen, die von der Corona-Krise betroffen sind zu erleichtern ( BGBl. I S. 493)
Wir haben für Sie die allgemeinen Zugangsvoraussetzungen und die Erleichterungen zusammengestellt und bieten Hilfestellung zur Antragstellung. Die Formulare der Agentur für Arbeit haben wir am Ende des Artikels ebenfalls verlinkt.
1. Kurzarbeitergeld
Unter Kurzarbeit wird eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund Arbeitsausfalls verstanden. Sie kann in einer anteiligen Reduzierung der Arbeitszeit bestehen. Vorübergehende vollständige Einstellung der Arbeit, also sogenannte „Kurzarbeit 0“ ist ebenfalls möglich. Beides ist regelmäßig mit einer Reduzierung des Arbeitsentgelts verbunden. Um kurzzeitig auftretende Krisen überwinden zu können, ist die Kurzarbeit ein häufig genutztes arbeitsrechtliches Instrument. Da durch den Einsatz von Kurzarbeit die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses betroffen sind, also die Erbringung der Arbeitsleistung und Vergütung selbiger, bedarf ihre Einführung einer besonderen Grundlage im Gesetz. Fehlt es an einer entsprechenden Gesetzesvorschrift, kann der Arbeitsgeber lediglich noch aufgrund kollektiver oder einzelvertraglicher Vereinbarung Kurzarbeit anordnen. Allein durch das Direktionsrecht als Arbeitgeber gem. § 106 GewO ist die Einführung von Kurzarbeit nicht zulässig.
Zentrale Norm für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld ist § 169 SGB III. Die einzelnen Voraussetzungen ergeben sich sodann aus den §§ 170 bis 164 SGB III.
Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist gem. §§ 169, 170 SGB III ein erheblicher Arbeitsausfall. Dies wird dann angenommen, wenn der erhebliche Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist sowie einen bestimmten Umfang hat.
Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er
– auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
– er vorübergehend ist,
– er nicht vermeidbar ist und
– im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer/-innen von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres Bruttoentgeltes betroffen sind.
Ob diese Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
2. Aktuelle gesetzliche Erleichterungen
Zusammenfassend lassen sich die Erleichterungen wie folgt darstellen:
- Es reicht, wenn 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes von Arbeitsausfall betroffen sind, damit ein Unternehmen Kurzarbeit beantragen kann. Sonst muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein.
- Sozialversicherungsbeiträge werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet.
- Kurzarbeitergeld ist auch für Beschäftigte in Zeitarbeit möglich.
- In Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.
Diese Erleichterungen werden rückwirkend zum 1. März in Kraft treten und auch rückwirkend ausgezahlt. Ansprechpartnerin ist die jeweilige Agentur für Arbeit vor Ort.
Neben der Absenkung der Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, werden auch die Leistungen erweitert. Entgegen der bisherigen Regelung kann ein Betrieb danach beispielsweise auch dann Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 % (statt bisher ein Drittel) der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Darüber hinaus soll auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden zur Zahlung des Kurzarbeitergeldes vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Nach der bisherigen Rechtslage könnte verlangt werden, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden.
Durch die Herabsenkung der Beschäftigtenzahl dürfte der Zugang zum Kurzarbeitergeld deutlich erleichtert sein. Hinzu treten müssen nunmehr noch wirtschaftliche Ursachen, die sich unmittelbar oder mittelbar aus dem wirtschaftlichen Ablauf ergeben. Ein Arbeitsausfall, wie ihn das Gesetz verlangt, beruht dann auf wirtschaftlichen Gründen, wenn er durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt ist.
Hat die Coronakrise Auswirkungen auf das Unternehmen dürfte auf den Umstand eines „unabwendbaren Ereignisses“ abzustellen sein. Ein solches ist dann zu bejahen, wenn der Arbeitsausfall z.B. durch außergewöhnliche Witterungsverhältnisse (wie z. B. Hochwasser) oder behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat. Dieses unabwendbare Ereignis würde sodann Ursache für den Arbeitsausfall sein und damit den Zugang zum Kurzarbeitergeld ermöglichen.
Weitere Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist der vorübergehende Arbeitsausfall. Das Kurzarbeitergeld darf demnach nur dann gewährt werden, wenn der Arbeitsausfall vorübergehend ist, also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist. Derzeit ist zwar nicht absehbar, wie sich die Ausbreitung des Corona-Virus darstellen wird. Allerdings ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine vorübergehende Beeinträchtigung der Bevölkerung und der Wirtschaft handeln dürfte, sodass wiederum von einem vorübergehenden Arbeitsausfall ausgegangen werden kann.
3. Anträge
Diese Dokumente müssen zur Anzeige von Kurzarbeit eingereicht werden:
- Vollständig ausgefüllte Anzeige Kurzarbeitergeld (KUG)
- Eine Liste mit den betroffenen Arbeitnehmer*innen
- Eine Begründung, warum KUG beantragt wird (mehr als das Stichwort Corona)
- Eine Aufstellung der Arbeitszeit-Konten (bestehende Überstundenkonten, gibt es Guthaben, etc.) Negativanzeige erforderlich.
Der Antrag und die Dokumente können per mail an die zuständige Fachabteilung der Arbeitsagentur gesendet werden.
Formulare und Merkblätter zum Antrag finden Sie hier:
4. Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeitnehmer
Künftig, d. h. voraussichtlich ab März 2020, können nun auch Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld beziehen.
Arbeitnehmerüberlassung ist dann anzunehmen, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) Dritten (Entleihern) zur Arbeitsleistung überlasst, diese in die Arbeitsorganisationen des Entleihers eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG). Die Arbeitnehmerüberlassung erschöpft sich also im bloßen Zurverfügungstellen geeigneter Arbeitskräfte, die der Dritte nach eigenen betrieblichen Erfordernissen in seinem Betrieb einsetzt.
5. Steuerliches
In dem Zusammenhang möchten wir darauf aufmerksam machen, dass das Kurzarbeitergeld steuerfrei ist (§ 3 Nr. 2 EStG). Es unterliegt lediglich dem Progressionsvorbehalt nach dem Einkommenssteuergesetz, sodass der Arbeitgeber verpflichtet ist, das an die Arbeitnehmer gezahlte Kurzarbeitergeld in der Lohnsteuerbescheinigung aufzuführen (vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 1a EStG sowie § 41b Abs. 1 Nr. 5 EStG). Während des Bezuges von Kurzarbeitergeld treten in Bezug auf die gesetzliche Kranken-, Pflege-und Rentenversicherung keine Änderungen ein. Der jeweilige Arbeitnehmer bleibt Mitglied. Die Beiträge für diese Versicherungszweige werden allein vom Arbeitgeber getragen. Mit der Änderung der Rechtslage, voraussichtlich ab April 2020, werden Sozialversicherungsbeiträge nunmehr von der Agentur für Arbeit erstattet.
Nach alledem sehen wir gute Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld. Bitte beachten Sie, dass der Bezug zwingend einen Antrag bei der Agentur vorsieht. Dieser muss vor der Einführung der Kurzarbeit gestellt werden. Nur dann können die vorbeschriebenen Vorteile beim Bezug von Kurzarbeitergeld bzw. des Einsatzes von Kurzarbeit tatsächlich genutzt werden.
Sollten Sie weitere Fragen haben, insbesondere auch zur Höhe des Kurzarbeitergeldes, kommen Sie gerne auf uns zu. Bitte beachten Sie, dass die vorbeschriebenen Ausführungen aufgrund des derzeitigen stetigen Wandels nur vorläufigen Charakter haben können. Die Bundesregierung und Gesetzgeber wollen ggf. weitere Maßnahmen ergreifen, dies könnte ggf. weitere Sonderregelungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld einschließen. Bis zum jeweiligen Inkrafttreten handeln die Agenturen für Arbeit noch auf Grundlage der bis dahin jeweils geltenden Gesetzeslage.
Eric Coordes
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht
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