Mit Beschluss vom 28.03.2023 (Az. 3 T 1/23) hat das Landgericht Flensburg festgestellt, dass der Umstand, dass der Zahlungsdienstnutzer trotz mehrfacher Bitte des zur Vertragsfortführung bereiten Zahlungsdienstleisters den aktuellen Bedingungswerken des Zahlungsdienstleisters einschließlich des Preis- und Leistungsverzeichnisses nicht zustimmt, einen sachgerechten Grund für den Ausspruch der ordentlichen Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrages i.S.v.
§ 675h Abs. 2 BGB i.V.m. Nr. 26 AGB-Sparkassen darstellt.
Beim Zahlungsverkehr, der insbesondere über die Girokonten durch Banken und Sparkassen abgewickelt wird, handelt es sich um ein Massengeschäft. Der Rationalisierungseffekt, für den die AGB sorgen, ist dabei unerlässlich. Sparkassen und Banken müssen imstande sein, ihre im öffentlichen Interesse liegende zentrale Aufgabe im Wirtschafts- und Finanzsystem wahrzunehmen. Seit dem Urteil des BGH vom 27.04.2021 (Az. XI ZR 26/20 – Fiktionsänderungsentscheidung) können die Banken die Änderung ihrer AGB mittels fingierter Zustimmung der Kundinnen und Kunden nicht mehr umsetzen. Den Banken und Sparkassen ist es nicht zuzumuten, die Vertragsverhältnisse mit ihren Kunden mit untereinander abweichenden Vertragsbedingungen fortzusetzen. Die aus einer fehlenden Zustimmung der Kunden zur Anpassung der Vertragsbedingungen folgende Uneinheitlichkeit der Vertragsverhältnisse würde den mit den AGB verbundenen Rationalisierungseffekt vollständig aufheben. Die Banken und Sparkassen wären darauf verwiesen für jeden einzelnen ihrer Kunden recherchieren zu müssen, welche unter Umständen mehrere Jahrzehnte alte Fassung ihrer Bedingungswerke im Einzelfall anwendbar ist.
Die Sparkasse hatte in dem vom Landgericht Flensburg zu entscheidenden Fall den Kunden seit Oktober 2021 mehrfach um die Erklärung der Zustimmung zu den neuen AGB gebeten. Die Kündigung ist erst über ein Jahr später, Anfang November 2022, zum 31.01.2023 erklärt worden. Die Sparkasse hatte dem Kunden auch nach der Kündigungserklärung dabei wiederholt angeboten, die Vertragsbeziehung im Falle der Nachholung der Zustimmung zu den AGB fortzusetzen. Die Kündigungsfrist von wenigstens zwei Monaten hat die Sparkasse eingehalten.
Nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes haben sich eine Vielzahl von Kreditinstituten darum bemüht, die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden mit den aktuellen Entgelten und sonstigen aktuellen AGB einzuholen. Nachdem sich vereinzelt Bank- und Sparkassenkunden trotz mehrfacher Aufforderungen geweigert haben, den aktuellen Bedingungen zuzustimmen, haben einige Kreditinstitute und insbesondere auch Sparkassen die Kontoverbindung zu ihren Kunden gekündigt, wobei Sparkassen sich auf das Vorliegen eines für eine solche ordentliche Kündigung zwingend notwendigen sachgerechten Grundes berufen haben. Diese Auslegung hat das Landgericht Flensburg nun zu Recht als rechtswirksam festgestellt. Im Ergebnis hat so auch bereits das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 15.02.2022 (Az. 34 O 98/21 KfH) entschieden.
Zur Autorin:
Simone Emming, LL.M. oec. ist als Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und Wirtschaftsmediatorin in der MÖNIG Wirtschaftskanzlei in Münster tätig. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Betreuung und Lösungserarbeitung vor entstehenden und während bestehender Konflikte(n) zwischen Kreditinstituten/Investoren und ihren Kunden bzw. Gläubigern und Schuldnern, auch im Zusammenspiel mit Insolvenzverwaltern. Die Autorin ist als gelernte Bankkauffrau sowohl im klassischen Bank- und Kapitalmarktrecht wie auch im Immobilienrecht firm. Sie hat über 14 Jahre als Partnerin eine auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Anwaltskanzlei geführt. Zuvor war sie Syndikus-Anwältin bei einem Spezialkreditinstitut und Geschäftsführerin eines Inkassodienstleisters mit dem Schwerpunkt Management von Bankforderungen.