Ärzten ist es berufsrechtlich verboten, von Patienten oder anderen Geschenke oder sonstige Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung könne beeinflusst werden. Doch was gilt, wenn ein Patient zugunsten seines Hausarztes in seinem Testament ein Vermächtnis ausspricht? Ist eine solche Regelung wirksam? Liegt ein Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung vor? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der BGH in einem aktuellen Urteil.
Der Fall
Ein Patient hatte seinem Hausarzt testamentarisch ein Grundstück vermacht. Nach dem Tod des Patienten erhob die Alleinerbin Einwände gegen das Testament und machte geltend, das Vermächtnis sei unwirksam, da es gegen berufsständische Vorschriften verstoße und eine unzulässige Beeinflussung des Patienten durch den Arzt vorliege. Sie verweigerte die Erfüllung des Vermächtnisses unter Berufung auf das berufsrechtliche Zuwendungsverbot (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe).
Die Entscheidung des BGH
Der BGH stellte in seinem Urteil vom 02.07.2025 (Az. IV ZR 93/24) klar, dass ein Vermächtnis, das ein Patient dem ihn behandelnden Arzt zuwende, nicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (entspricht § 32 Abs. 1 Satz 1 der Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte) i.V.m. den §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB unwirksam sei. So regele das berufsständische Verbot nur das Verhalten des Arztes und stelle keine Wirksamkeitsvoraussetzungen für Zuwendungen von Todes wegen auf. Aus diesem Grunde führe ein Verstoß gegen das Zuwendungsverbot nicht automatisch zur Unwirksamkeit eines Vermächtnisses zugunsten des behandelnden Arztes. Die Testierfreiheit, also das Recht des Erblassers, frei über sein Vermögen zu verfügen, sei ein zentrales Element des Erbrechts. Einschränkungen dieser Freiheit seien nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
Bedeutung für Patienten und Ärzte
Das Urteil betont und stärkt die Testierfreiheit eines jeden Erblassers und schafft Rechtssicherheit: Patienten können auch ihrem behandelnden Arzt etwas hinterlassen, ohne dass dies per se unwirksam ist. Die berufsrechtlichen Verbote können durch berufsrechtliche Mittel/Sanktionen durchgesetzt werden, sodass kein öffentliches Interesse besteht, die Zuwendung zivilrechtlich als unwirksam einzustufen.
Fazit
Wenn Sie Fragen zur Gestaltung erbrechtlicher Verfügungen (Testamente, Erbverträge etc.) haben, stehen wir Ihnen gerne jederzeit beratend zur Seite.
Zur Autorin:
Julia Olbrich ist Notarin mit Amtssitz in Münster. Sie berät die Beteiligten bei allen notariellen Vorgängen, insbesondere zu den erbrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. Errichtung eines Testaments oder Abschluss eines Erbvertrages, „vorweggenommene Erbfolge“). Auch im Rahmen von Erbauseinandersetzungen, der Stellung von Erbscheinsanträgen sowie Erbausschlagungen steht Sie Ihnen zur Verfügung.