Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) wird der barrierefreie Zugang zu digitalen Angeboten in der EU ab dem 28. Juni 2025 für bestimmte Unternehmen verpflichtend. Bis dahin müssen die Vorgaben umgesetzt sein. Bei Missachtung drohen hohe Bußgelder. Das BFSG setzt eine EU-Richtlinie um, die einen einheitlichen Maßstab der Barrierefreiheit und die Wirtschaftlichkeit europäischer Unternehmen sichern will.
1. Betrifft das BFSG auch mich?
Der Anwendungsbereich des BFSG ist sehr weitreichend. Davon ausgenommen sind lediglich private und rein geschäftliche Angebote an (andere) Unternehmer. Eine weitere Ausnahme gibt es für Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen nach dem BFSG anbieten (§ 3 Abs. 3 S. 1 BFSG). Als Kleinstunternehmen gelten allerdings nur Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und zudem entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft (§ 2 Nr. 17 BFSG). Diese Ausnahme gilt aber nur für Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, nicht für solche, die für das BFSG relevante Produkte anbieten, wie PC’s oder Handys.
Neben der barrierearmen Gestaltung von Produkten wie technischen Geräten und Automaten regelt das Gesetz also auch Dienstleistungen wie Messenger-Dienste, Onlineshops und andere interaktive Websites, z.B. solche mit Möglichkeiten zur Terminbuchung oder einem Kontaktformular (vgl. Arztpraxen, Website mit Chat-Roboter). Reine Präsentationsseiten und Blogs, auf denen Produkte oder Dienstleistungen nicht direkt entgeltpflichtig erworben werden können, sind vom Geltungsbereich nicht erfasst.
2. Was bedeutet Barrierefreiheit im digitalen Raum?
Als barrierefrei gelten Websites, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind (vgl. § 4 BGG). Es sollen möglichst alle Einschränkungen berücksichtigt werden. Websites müssen wahrnehmbar, (leicht) bedienbar, verständlich und robust sein.
3. Was muss ich konkret tun?
Für die konkrete Umsetzung setzen Sie sich am besten rechtzeitig mit Ihrem IT-Serviceanbieter zusammen, damit dieser die Anforderungen noch vor der Frist auch technisch umsetzen kann. Dabei ist zu beachten, dass die gesamte Website den Anforderungen entsprechen muss, nicht nur die interaktiven Elemente. Der erste Schritt ist die visuelle Gestaltung der Website: Sind die Inhalte gut lesbar? Ist das Lay-Out einfach und übersichtlich gestaltet? Sind Verlinkungen optisch hervorgehoben? Werden bei Bildern Textalternativen für Sehbehinderte angeboten? In der technischen Gestaltung der Website wird es komplexer. Dort stellen sich Fragen wie: Kann die Website auch mit der Tastatur gesteuert werden? Ist sie kompatibel mit Screenreadern?
4. Hat die Barrierefreiheit Vorteile für mein Unternehmen?
Ist Ihre Website barrierefrei, kann Sie von mehr Menschen genutzt werden. Dies wird auch durch den Google-Algorithmus belohnt, dieser priorisiert solche Suchergebnisse. Auch wenn nach dem BFSG aktuell (noch) keine Pflicht besteht, kann es sinnvoll sein, sich mit der Barrierefreiheit Ihrer Website zu befassen. Erste Antworten kann Ihnen die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit geben.
Zum Autor:
Dr. Marcel Bienhüls ist als Rechtsanwalt in der MÖNIG Wirtschaftskanzlei tätig und berät und vertritt Mandanten insbesondere in insolvenzstrafrechtlichen Verfahren, in Fällen der Geschäftsführerhaftung und unterstützt Unternehmen bei der außergerichtlichen Sanierung und Restrukturierung.