
1. Rechtslage vor Einführung des MoPeG
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) trat zum 01.01.2024 in Kraft und brachte auch Änderungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit sich. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) hatte keine Rechtsfähigkeit der GbR vorgesehen. Sie sollte lediglich das Verhältnis ihrer Gesellschafter untereinander regeln. Allerdings billigte der Bundesgerichtshof (BGH) der (Außen-)GbR in einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 2001 eine Teilrechtsfähigkeit zu, ohne darin jedoch klar zu umreißen, worauf genau sich diese bezog und was sie alles umfasste. Dies wurde erst nach und nach durch die Rechtsprechung herausgebildet.
Obwohl die GbR danach also in Teilen rechtsfähig war und Träger von Rechten und Pflichten und somit auch Vertragspartnerin sein konnte, wurde im Hinblick auf bestimmte rechtliche Fragestellungen nicht auf die GbR, sondern ihre Gesellschafter abgestellt. So konnte sie beispielsweise Verbraucherin i.S.d. § 13 BGB sein, wenn ihre Gesellschafter natürliche Personen waren, die mit der GbR keine unternehmerischen Zwecke verfolgten. Ebenso war es möglich, dass die GbR als Vermieterin von Wohnraum auftrat und eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB aussprechen konnte, wenn einer ihrer Gesellschafter oder deren Angehörige die Räume zum Wohnen benötigten.
2. Neue Rechtslage
Nach der neuen Rechtslage gibt es zwei Arten von GbRs. Dies ist zum einen die rechtsfähige Gesellschaft und zum anderen die nicht rechtsfähige Gesellschaft (vgl. § 705 Abs. 2 BGB). Die rechtsfähige Gesellschaft kann sich auf freiwilliger Basis in ein Gesellschaftsregister eintragen lassen (§ 707 Abs. 1 BGB) und muss dann den Zusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen (§ 707a Abs. 2 BGB). Als Vermieterin von Wohnraum dürfte nach der neuen Rechtslage die eGbR der Regelfall sein. Denn nur sie kann als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werden (§ 47 Abs. 2 GBO) und Gesellschaftsvermögen bilden (§§ 713, 740 Abs. 1 BGB).
3. Eigenbedarfskündigung einer eGbR?
Nach diesem notwendigen Exkurs nun zur Leitfrage des Artikels: Kann eine eGbR eine Eigenbedarfskündigung aussprechen?
Gleich vorweg: Eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage gibt es noch nicht. In der Literatur herrscht Uneinigkeit. Bei der Beantwortung dieser Frage ist Folgendes zu bedenken: Bis zum Jahre 2001 war die GbR nicht (teil-)rechtsfähig und Vermieter waren bis dahin alle Gesellschafter der GbR gemeinsam, also eine Mehrheit natürlicher Personen, die Eigenbedarf haben konnten. Die Grundsatzentscheidung zur Teilrechtsfähigkeit der GbR fiel ausschließlich aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Erwägungen und sollte keine mietrechtlichen Auswirkungen zeitigen. Doch ab dieser Grundsatzentscheidung war Vermieter nicht mehr die Mehrheit natürlicher Personen, sondern die GbR selbst. Demnach wäre eine Eigenbedarfskündigung auf einmal nicht mehr möglich gewesen und das trotz der engen Beziehung zwischen der GbR und ihren Gesellschaftern. Diese vom Gesetzgeber unbemerkt gebliebene Gesetzeslücke schloss der BGH durch eine analoge Anwendung der Vorschriften zur Eigenbedarfskündigung. Trotz Teilrechtsfähigkeit war deshalb eine Eigenbedarfskündigung der GbR nach wie vor möglich, soweit Eigenbedarf in der Person eines Gesellschafters vorlag. Nach der Gesetzesänderung durch das MoPeG trägt die Begründung jedenfalls für die eGbR nicht mehr. Die eGbR hat eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Vermögen, ist alleinige Inhaberin von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis und anders als die nicht rechtsfähige GbR von ihren Gesellschaftern entkoppelt. Sie steht deshalb Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und juristischen Personen gleich. Für diese ist anerkannt, dass sie keinen Eigenbedarf haben können, weil dieser auf Wohnen gerichtet sein muss. Vor diesem Hintergrund wird nach Inkrafttreten des MoPeG auch für die eGbR in der Literatur die Auffassung vertreten, das diese als auf Dauer angelegte professionelle Erwerbsgesellschaft ebenfalls keine Eigenbedarfskündigung aussprechen kann.
Es bleibt daher abzuwarten, wie diese Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt werden wird.
Zum Autor:
Dr. Marcel Bienhüls ist als Rechtsanwalt in der MÖNIG Wirtschaftskanzlei tätig und berät und vertritt Mandanten insbesondere in insolvenzstrafrechtlichen Verfahren, in Fällen der Geschäftsführerhaftung und unterstützt Unternehmen bei der außergerichtlichen Sanierung und Restrukturierung.