NRW-SOFORTHILFE 2020: RÜCKFORDERUNG VON „CORONA-BEIHILFEN“ RECHTSWIDRIG?!
November 20, 2022
NRW-SOFORTHILFE 2020: RÜCKFORDERUNG VON „CORONA-BEIHILFEN“ RECHTSWIDRIG?!

Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen, Köln und Düsseldorf: Schlussbescheide rechtswidrig – Land NRW legt Berufung ein

Die Verwaltungsgerichte Düsseldorf, Köln und Gelsenkirchen haben jüngst in exemplarischen Verfahren die Schlussbescheide des Landes NRW aufgehoben, mit den die Betroffenen zur Rückzahlung von „Corona-Beihilfen“ verpflichtet waren (VG Düsseldorf, 16.08.2022 – 20 K 393/22 -; VG Köln, 16.09.2022 -16 K 125/22; 16 K 127/22; 16 K 406/22; 16 K 412/22; 16 K 499/22; 16 K 505/22; VG Gelsenkirchen, 23.09.2022 – 19 K 317/22). Das Land hat die von den Gerichten jeweils zugelassene Berufung eingelegt, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden wird. Die Urteile binden grundsätzlich nur die am Klageverfahren Beteiligten. Von den Verfahren gehen keine unmittelbaren Rechtswirkungen bei gleichgelagerten Fallkonstellationen für andere Soforthilfe-Verfahren aus.

  1. Klagefrist noch nicht abgelaufen? Aussichten prüfen und ggf. erheben!
  2. Voraussetzung für den Erlass des Schlussbescheides ist die Teilnahme am Rückmeldeverfahren, das zum 31.10.2021 beendet war. Damit dürfte in den allermeisten Fällen der Schlussbescheid erlassen, die Klagefrist dagegen abgelaufen sein. Falls (in Ausnahmefällen) die Klage noch möglich ist, empfiehlt es sich, diese zu erheben, falls die Begründungen der Urteile, wovon angesichts der gleichlautenden Schlussbescheide auszugehen ist, auch auf den konkreten Schlussbescheid zutreffen. Allerdings kann es in der zeitlichen Abfolge zwischen Auszahlung und Rückforderung oder auch aus anderen Gründen Abweichungen zu den entschiedenen Fällen geben, so dass eine Prüfung im Einzelfall notwendig bleibt.

  3. Klagefrist abgelaufen? Antrag auf Wiederaufgreifen prüfen und ggf. stellen!
  4. In aller Regel wird die Klagefrist bereits abgelaufen, der Bescheid also bestandskräftig und sogar die Rückzahlung bereits erfolgt sein. In diesen Fällen bleibt (im Wesentlichen nur) der Weg des Wiederaufgreifens des Verfahrens (§ 51 Abs. 1 VwVfG NRW). Die Behörde hat hiernach u.a. bei Änderung der Rechtslage zu prüfen, ob sie einen bestandskräftigen Verwaltungsakt ändert oder aufhebt. Die Tatsache, dass die Rechtsprechung eine für Betroffene günstige Entscheidung erlässt, ändert jedoch nicht die Rechtslage, sondern klärt nur die bestehende und ist damit für andere Betroffene kein Grund für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne. In Betracht kommt in dem Fall ein Antrag auf Wiederaufgreifen im weiteren Sinne. Der Unterschied besteht u.a. darin, dass die Behörde im ersten Fall über die Änderung oder Aufhebung zu entscheiden hat, im zweiten Fall eine Entscheidung bereits über das Wiederaufgreifen als solches nur nach Ermessen erfolgt.

    Da die Rechtslage jedoch noch nicht abschließend geklärt ist und das Land in der Zwischenzeit nach Bekanntwerden der erstinstanzlichen Urteile bereits erklärt hat, ein „Zahlungsmoratorium“ – also ein (zeitlich befristetes) Zurückstellen der Beitreibung der Rückforderung aus den Schlussbescheiden – zu prüfen, empfiehlt sich in aller Regel, einen Antrag auf Wiederaufgreifen (im weiteren Sinne) zu prüfen und so bald wie möglich zu stellen.

Zum Autor:
Rechtsanwalt Stefan Glock ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Mediator.